GBE-Theater glänzt mit eindrucksvoller Premiere von Molières „Der Geizige“
„Geiz ist geil“: Im Zeitraum einer Dekade ratterte dieser Werbeslogan einer großen Elektronikhandelskette Anfang der 2000er Jahre durch Presse, Funk und Fernsehen. Die hieraus ableitbare und seitdem heiß diskutierte Tendenz, beim Konsum von Waren und Dienstleistungen den Kaufpreis zulasten von beispielsweise Qualität oder Produktionsbedingungen in den Blick zu nehmen, also Sparsamkeit walten zu lassen, sorgte in der höfischen Gesellschaft Frankreichs zu Zeiten Ludwigs XIV. gelinde gesagt für Stirnrunzeln. Dementsprechend fielen seinerzeit auch die Reaktionen auf Molières Komödie „Der Geizige“ aus – ein Stück, das in Person des tragisch-komischen Fieslings Harpagon das Festklammern an den erwirtschafteten und ersparten Moneten sowie die bürgerliche Habgier aufs Korn nahm.
Nachdem das GBE-Theater diesen zeitlosen Stoff bereits vor einigen Jahren auf die Bühne gebracht hatte, nahm sich das aktuelle Ensemble unter bewährter Leitung von Corinna Maifeld und Alexander Wichers nun dieses Klassikers der französischen Dramaturgie aufs Neue an, und wie: Die Premiere im großen Forum des Gymnasiums Bad Essen hielt, was sie versprach: ein rasantes und äußerst kurzweiliges Schauspiel, das das begeisterte Publikum dank der grandiosen Leistung der Bühnenakteure ein ums andere Mal zum Lachen brachte, auch wenn einem – und dies war genauso gewollt – dieses Lachen mitunter auch im Halse steckenbleiben konnte.

Harpagon, der Inbegriff eines unverbesserlichen Geizkragens, ist zumindest auf den ersten Blick alles andere als sympathisch. Seine totale Fokussierung auf das Geld und auf rigorose Sparsamkeit äußern sich in cholerischen Wutausbrüchen, grenzenloser Verbohrtheit und Missachtung der Bedürfnisse auch seiner engsten Mitmenschen. Diese Figur des tragisch-komischen Fieslings stellt einige Ansprüche an seinen Darsteller. Und man kann mit Fug und Recht behaupten: Devin Kuhlmann meisterte diese Aufgabe mit Bravour.
Ebenso zu überzeugen wussten die weiteren Mitglieder des Ensembles: William Schönfelder, der sich als Cleante – Sohn des Hauses – in seiner Geldnot gezwungen sieht, mithilfe des Dieners La Flèche (Alice Thießen), einen sittenwidrigen Kredit aufzunehmen, muss wie so viele Figuren sehr strategisch vorgehen, um die Wutausbrüche des Alten im Zaum zu halten und bei ihm im rechten Licht zu stehen. Bezeichnenderweise ist es im Übrigen Harpagon, der hinter dem zunächst anonym in Erscheinung tretenden Wucherzins-Kreditgeber steckt. Auch die Heiratsvermittlerin Frosine, charakterstark verkörpert durch die ganz in Rot gekleidete Alexandra Weißheim, muss mehrere Gesichter zeigen, um ihre Ziele zu erreichen: hemmungslose Schmeichelei einerseits und wahre Lästerorgien hinter dem Rücken des Geizigen. Ebenso zerreißt sich Jacques (Tjasse Janssen), Koch und Kutscher in Personalunion und Opfer einiger Gewaltausbrüche seines Chefs, hinter dem Rücken Harpagons das Maul; sein Beitrag zur Aufklärung des Verlusts der Geldkassette, was für Harpagon einem Erdbeben gleich kommt, entpuppt sich letztlich als eigennütziger Rachefeldzug, so dass der Kommissar (Marielle Sälter) und der Schreiber (Annamaria Spiegel) wenig zur Aufklärung des Verbrechens beitragen können.

Hinter all diesem teils gewollten Chaos steckt aber vor allem eines: eine überraschende Familienzusammenführung sowie die versöhnliche Vollendung eines Kampfes sich einander zugehörig fühlender junger Menschen. Herr Anselme, dargestellt von Fabian Müller, der bereits bei der erstmaligen Inszenierung des Stücks vor einigen Jahren auf der Bühne stand und die aktuelle Inszenierung zudem als Regisseur begleitete, bringt die Wahrheit über seine Familienverhältnisse ans Licht: Die junge Marianne (Julia Albers) entpuppt sich als seine Tochter, die nun endlich Cleante heiraten darf und eben nicht von dessen Vater an den Traualtar geführt werden wird. Ihr Bruder ist tatsächlich der Oberverwalter Valère (Laurenz Vernekohl), der seinem Chef Harpagon immer wieder gekonnt nach dem Mund redet. Auch Valère darf seine Liebe zu Elise (Fiona Böttger), Tochter des alten Geizhalses, nun endlich offen zeigen.
Ein „Happy End“ also, zumindest für die Mitmenschen Harpagons, da die Macht der Liebe und der Menschlichkeit trotz aller Hürden letztlich doch siegen. Nur einer kann auch am Ende nicht aus seiner Haut: Harpagon, der von seiner Haltung restlos überzeugt ist: „Wenn man für acht kocht, werden auch zehn satt.“ – Geiz ist geil, oder auch nicht…
Das Premierenpublikum im ausverkauften großen Forum des Gymnasiums Bad Essen ließ das Ensemble, das Technikteam sowie die Regisseure Corinna Maifeld, Alexander Wichers und Fabian Müller zurecht erst nach minutenlang anhaltendem Applaus von der Bühne.
An folgenden weiteren Terminen können Theaterinteressierte in den Genuss der Inszenierung kommen: 03.09., 05.09., 06.09, 11.09. und 12.09., jeweils um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. Wegen der Begrenzung auf 99 Publikumsplätze, werden Eintrittskarten (gegen eine angemessene Spende) ausgegeben, die man während der großen Pause im Forum der Schule erhalten oder über gbe-theater@gym-bad-essen.de vorbestellen kann.